Barocke Gesänge vom Verrat durch Judas bis zu Jesu' Grablegung sind am Karfreitag in der Friedenskirche erklungen. Unter Leitung von Ulrich Egerer führten der Philharmonische Chor Ludwigsburg und das Ludwigsburger Kammerorchester Bachs Johannes-Passion auf.
Von Greta Gamberg
Der übergroße goldene Christus selbst hat seiner Leidensgeschichte gelauscht, die am Karfreitag zu seinen Füßen in der Friedenskirche erzählt wurde. Vielleicht hat er im Stillen applaudiert, wie auch die rund 400 Zuhörer. Denn die Veranstalter baten, auf Applaus zu verzichten. Dennoch hielten sich einige nicht daran, angesichts der gekonnten Interpretation von Johann Sebastian Bachs Meisterwerk durch den Philharmonischen Chor, das Ludwigsburger Kammerorchester und nicht zuletzt vier hervorragende Solisten.
Jesus als Beispiel
Die Johannes-Passion wurde am Karfreitag 1724 in der Nikolai-Kirche Leipzig uraufgeführt. Ihr Text ist in weiten Teilen dem Johannes-Evangelium entnommen und vermittelt den Gläubigen vor allem, an die Worte und Taten Jesu' zu glauben, sich an ihm ein Beispiel zu nehmen und auf die Erlösung durch die Leiden und das Sterben Jesu' zu hoffen.
Nicht das menschliche Leiden des Heilands steht im Vordergrund wie im Matthäusevangelium, wo des Propheten letzte Worte sind: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?” Stattdessen ist in der Johannespassion die himmlische Natur Jesu' wichtiger, der den Plan Gottes souverän verfolgt und zuletzt sagt: “Es ist vollbracht!”
Unterstützung erhielten die zwei Ludwigsburger Ensembles unter Leitung von Ulrich Egerer durch vier hervorrragende Sänger, die in Rezitativen und Arien die erzählende oder reflektierende Perspektive des Einzelnen beisteuerten – eine Art Ruhepol zwischen den dramatischen Chorstücken.
Zentraler Teil der Johannes-Passion ist das Zwiegespräch zwischen Jesus und Pontius Pilatuss, der von den Hohepriestern der Juden den Auftrag erhält, den Propheten hinzurichten, aber keine Schuld an ihn erkennt. Die beiden Figuren wurden in der Friedenskirche von den Bassisten Miroslav Stricevic als Jesus und Kai Preußker als römischer Ordnungshüter gesungen.
Den größten Solopart als erzählender Evangelist hatte Tenor Sebastian Mory. Sopranistin Susanne Brändle und Altistin Cornelia Lanz steuerten weitere gefühlvolle Arien bei..
Aus: Ludwigsburger Kreiszeitung vom 29.03.2016, Seite 6.