Von Dietholf Zerweck, aus: Ludwigsburger Kreiszeitung vom 26.11.2019
Ludwigsburg. Zwischen zwei berühmten Sopranstellen spannte sich der Bogen des Kirchenkonzerts in der evangelischen Stadtkirche am Marktplatz, welches Fabian Wöhrle am Ewigkeitssonntag mit dem Orchester und Chor der Stadtkirche und Gästen zusammen mit dem Ludwigsburger Motettenchor aufführte.
Der Schlussteil von Georg Friedrich Händels Oratorium „Messias”, der in der vollbesetzten Stadtkirche in der Bearbeitung Mozarts zu hören war, beginnt mit einem Zitat aus dem Buch Hiob des Alten Testaments: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebet, und dass er mich einst erweckt am letzten Tag”. Und am Ende von Mozarts „Requiem” erhebt sich die Kantilene des Solo-Soprans nch einmal, wie im Introitus zu Beginn, als Leuchtspur über die Seufzerfiguren von Chor und Orchester mit der tröstlichen Bitte „Lux aeterna luceat eis, Domine – Das ewige Licht leuchte ihnen, o Herr …”
Beides sind bewegende Momente n einer großartigen Aufführung, die von der Sängerin Elisabeth Wimmer mit ihrem wie eine Oboe strahlenden Sopran intensiv gestaltet. Auch ihr vom Orchester begleitetes Rezitativ – “Wenn Gott ist für uns, wer kann wider uns sein?” – fügt sich wunderbar stimmig zwischen die Chöre des „Messias”, die durch Mozarts Instrumentation mit Flöten, Oboen und Klarinetten eine ganz besondere Farbigkeit erhalten.
Gut aufeinander abgestimmtes Duett
Zuvor hatte Kai Preußker mit einem stimmgewaltigen, in den Tiefen resonanten Bass in der Arie „Sie schallt, die Posaun” – von den Trompeten und Posaunen im Orchester bildhaft unterstützt – den Jüngsten Tag mit der Auferstehung der Toten beschworen, haben Margret Hauser und Christopher Fischer in ihrem gut aufeinander abgestimmten Alt-Tenor-Duett den Korintherbrief des Apostels Paulus („Oh Tod, wo ist dein Pfeil?”) zitiert. Und mit dem gewaltigen Schlusschor und der „Amen”-Fuge zeigen die etwa hundert Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Fabian Wöhrle, wie erstaunlich homogen und transparent das gewaltige Finale des „Messias” von diesem Riesenchor klingen kann.
Zur Einstimmung hatte Fabian Wöhrle ein Instrumentalwerk an den Anfang des Konzerts gesetzt: Wilhelm Friedemann Bachs „Adagio und Fuge d-Moll” für zwei Soloflöten und Streichorchester, das in seiner schlichten Schönheit eindrucksvoll musiziert wurde. Beim „Requiem” von Wolfgang Amadeus Mozart sind Intonation, Ausdruck und Zusammenhalt des Chores wieder bewundernswert: Ungeheuer eindringlich ist die Polyphonie des Introitus („Requiem aeternam dona eis, Domine … Herr, schenke ihnen die ewige Ruhe”) gestaltet, hoch dramatisch entwickelt sich das „Dies irae”, in dem Wöhrle auch mit dem Orchester markante klangliche und dynamische Kontraste setzt. Die „Tuba mmirum spargens sonum”-Szene, bei der im liturgischen Text die Posaune des Jüngsten Gerichts in die Gräber schallt, entfaltet sich mit Preußker und dem Solistenquartett in mediativer Innenschau, packend dargeboten sind die Gegensätze von „schrecklicher Gewalt” des Weltenrichters und dem „Gnadenquell” Gottes. Nach dem Höllensturz der Verdammten im rhythmisch skandierten „Confutatis” der Männerstimmen ist das flehende „Lacrimosa” des ganzen Chors danach einer der besinnlichen Höhepunkte der Aufführung. Nach der Stille am Ende des „Requiems”, während die Glocken der Stadtkirche zum Totengedenken läuten, ist der große Beifall der Zuhörer für alle Beteiligten mehr als verdient.