Ernsthaftigkeit gepaart mit Heiterkeit: Kammerchor musiziert

Der Kammerchor Göppingen präsentierte dem begeisterten Publikum am Sonntag Rossinis „Petite Messe solennelle“.

Das Sommernachtskonzert des Göppinger Kammerchores fand in diesem Jahr im Frühling statt. Der Kammerchor unter seinem Dirigenten Fabian Wöhrle präsentierte die bei uns kaum gehörte „Petite Messe solennelle“ von Gioachino Rossini in der Oberhofenkirche in Göppingen. Mit dabei waren vier Gesangssolisten sowie Klavier und Harmonium.

Die „Petite Messe solennelle“ ist ein Alterswerk Rossinis. Er komponierte die Messe in der Nähe von Paris, wo sie auch in kleinerem, privatem Rahmen uraufgeführt wurde. Er selber nennt sie „eine ärmliche, kleine Messe“, ja sogar „eine Todsünde“. Auch spricht er davon, dass seine Kirchenmusik nichts für die Deutschen ist, da sie immer nur teils ernst, aber eben auch immer teils heiter daherkommt, wie eben auch seine Opernkompositionen. Von einem Komponisten, der mit dem „Barbier von Sevilla“ berühmt geworden ist, erwartet man eher keine getragene, ernste Kirchenmusik. Auch ist es keine kleine Messe, immerhin ist die Aufführungsdauer ungefähr 90 Minuten. Diese Messe verwunderte ihre Zuhörer schon damals.

Ernstes Stück mit Leichtigkeit

Rossini schenkte der Welt diese zwar sehr ernst gemeinte Musik, in der man aber auch die südländische Leichtigkeit und Lebensfreude sowie volksliedhafte Elemente erkennen kann. Er nimmt als Begleitung das Klavier und setzt das Harmonium dazu, das zwar nicht durchgehend, sondern nur ganz gezielt immer wieder einzelne Sequenzen begleitet und so einen ganz besonderen Reiz der Tongebung erreicht.

Thomas Schäfer setzte mit seinem Spiel lebendige Akzente. Fabian Wöhrle dirigierte sehr engagiert und begleitete die Sängerinnen und Sänger sowie die Solisten sicher und forsch durch das Werk. Der Männerchor bot eine überaus präsente Leistung, seine Verstärkung tat dem Chor rundum gut und ermöglichte ein sehr ausgewogenes Klangbild. Der Chor reagierte konzentriert und beweglich, besonders zu Beginn fiel das zarte, lyrische „Kyrie“ auf, worauf das „Gloria“ jubelnd in das Kirchenschiff hinausgesungen wurde und im „Cum sancto spiritu“ ein dynamisch reicher Höhepunkt erreicht wurde. Zu diesem ausgewogenen, eleganten Chorklang setzten die Solisten einen farbintensiven Kontrast: Miriam Burkhardt mit ihrer geschmeidigen, lyrischen Sopranstimme, die auch die Höhen mühelos meisterte, Seda Amir-Karayan, Alt, vermochte besonders im abschließenden „Agnus Dei“ mit kraftvoller und auch samtiger Stimme, dramatisch in der Aussage und doch zugleich mit religiöser Innigkeit zu begeistern. Ilja Werger, Tenor, und Kai Preußker, Bass, verleugneten ihre Nähe zur Oper nicht und erinnerten mit ihren Partien an die anderen Werke Rossinis. Das ganze Werk wurde am Klavier begleitet von Ulrike Gottlebe-Ebert, die mit ihrem Spiel, auch in ihren solistischen Parts, Sänger und Solisten befeuerte und rhythmusstark und strukturierend, aber auch klar und geradlinig dem Werk einen besonderen Glanz verlieh. Und immer wieder gab der Klang des Harmoniums eine besondere, eigens gestaltete Atmosphäre, die Tiefe und vielfältige Nuancen ins Spiel brachte.

Rossinis Kirchenmusik entstammt einer anderen, einer leichteren, sinnlicheren, aber in keinem Gegensatz zur ernsteren Musik stehenden Tradition. Seine Ernsthaftigkeit war eben diese Leichtigkeit und Heiterkeit, die der Dirigent in der Aufführung mit dem Kammerchor und den Solisten deutlich zum Ausdruck brachte. Die Zuhörer empfanden das genauso. Sie waren einige Augenblicke ganz still, bevor sie herzlichen Beifall für eine gelungene Aufführung spendeten.

Komposition

Die „Petite Messe solennelle“ von Gioachino Rossini ist eine „kleine, feierliche“ Messe aus dem Jahr 1863. Komponiert wurde sie für Solostimmen, Chor, Klavier und Harmonium.  Neben dem „Stabat Mater“ ist die Messe Rossinis zweite umfangreiche sakrale Komposition.

Reduziert

Geschrieben wurde das Werk zur Einweihung einer Privatkapelle. Das kleine Gotteshaus gehörte dem Pariser Adligen Graf Pillet-Will. Dies erkläre die reduzierte Begleitung von zwei Klavieren und Harmonium, sagen Experten. Rossinis Werk erinnert an dezent gehobene Salonmusik.

aus: NWZ, Göppingen, von Lilli Ell vom 16.05.2017