Direkt zum Inhalt
Startseite
Total privat!
Die total private Homepage von Uwe Mindrup

User account menu

  • vergangen
  • Kritiken
  • Chöre
  • Impressum
  • Kontakt

Pfadnavigation

  • Startseite
  • Ein Chor beschenkt sich selbst

Ein Chor beschenkt sich selbst

Von Uwe Mindrup | Dienstag, 31. Oktober 2017 - 13:20
Philharmonischer Chor Ludwigsburg zelebriert mit Verstärkung Mendelssohns „Paulus“ vor 800 Zuhörern
Konzert „Mendelssohn: Paulus” am 28. Okt. 2017 im Forum Ludwigsburg. Foto: Oliver Bürkle.

Ludwigsburg. Nach der öffentlichen Generalprobe in der Korntaler Stadthalle und der Aufführung in der Waiblinger Antoniuskirche am vorvergangenem Wochenende stand der Auftritt des Philharmonisches Chors Ludwigsburg (PCL) im Forum am Schlosspark am Sonnabend ganz bewußt im Sinne einer Steigerungsdramaturgie auch für die Beteiligten als großes Finale auf dem Programm. Zur Feier des 10-jährigen Bestehens hat Ulrich Egerer das 80-köpfige Ensemble nochmals um die Sängerinnen und Sänger des Kammerchors Korntal-Münchingen und des Philharmonischen Chor Waiblingen, beide einstudierte von Peter Meincke, verstärkt, um das groß angelegte Oratorium „Paulus” aufzuführen. Egerer hat den Chor 2002 zunächst als Ludwigsburger Vocalensemble gegründet, das 2007 den Namen in Philharmonischer Chor Ludwigsburg änderte. Seitdem leitet er das Ensemble.

Und so fällt der Blick auf rund 150 Männer und Frauen, die die gestaffelte Tribüne komplett einnehmen, als sich der Eiserne Vorhang hebt. Etwa halbvoll der Theatersaal. Nicht wenige der knapp 800 Besucher werden auch Familienmitglieder, Freunde und Bekannte auf der Bühne heute Abend sehen.

Keine Fingerübung

Obwohl noch dem Frühwerk zuzurechnen, handellt es sich bei Felix Mendelssohn Bartholdys erstem Oratorium keineswegs um eine Fingerübung: Vom Kompositionsauftrag 1831 vergehen sechs Jahre bis zur Uraufführung. In der Zwischenzeit stirbt sein Vater, der nachmalige Gewandhauskapellmeister ringt lange um die Partitur auf das Libretto, das sein Freund Julius Schubring vorwiegend aus Bibelworten der Apostelgeschichte, zuzüglich einiger Choräle aus dem Kirchengesangbuch, nicht aber aus den Briefen des Apostels montiert hat.

Zwei Jahre zuvor, 1829, hatte Mendelssohn Bartholdy Bachs nahezu in Vergessenheit „Matthäus-Passion“ zur Aufführung gebracht., zum ersten Mal seit mehr als hundert Jahren. Damit hat er den Startschuss zu einer wahren Bach-Renaissance gegeben und die bis heute anhaltende und die bis heute anhaltende Bach-Rezeption begründet.

Das die Chorwerke des Thomaskantors für Mendelsohn Bartholdy als stilbildend und exemplarisch auch für seine eigenen Oratorien galten, versteht sich daher von selbst. Dass sich in der Konversionsgeschichte, dem sprichwörtlichen Wandel vom Saulus zum Paulus, auch Dispositionen seiner eigenen Biografie spielgeln mag bei der Auswahl des Stoffs eine Rolle gespielt haben, vielleicht aber auch zur langwierigen Entstehungsgeschichte des Werks beigetragen haben. Mendelssohn Bartholdy stammt aus einer jüdischen Familie, wurde aber im christlichen Glauben erzogen und protestantisch getauft.

War das Schreiben jedenfalls keine leichte Geburt, wurde die öffentlcihe Vorstellung seinerzeit ein Erfolg. Der bei der Premiere anwesende Schumann wird mit der Äußerung „Juwel” zitiert.

Zurückgenommene Solisten

Duftig der Auftakt  in den tiefen Streichern und den Holzbläsern bei der Ouvertüre, die leitmotivisch um den Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme” kreiselt, abgeklärt realisiert von den knapp 40 Musikerinnen und Musikern der Süddeutschen Kammersolisten  (Einstudierung: Albert Boesen), die im Vordergrund Platz genommen haben. In den kommenden 120 Minuten steht dann vor allem der Chor im Zentrum des Geschehens, wohingegend die Rolle der Solisten im Vergleich zu Bach von Mendelssohn etwas zurückgenommener interpretiert wird.

Strahlend gebündelt das Unisono der Eckchöre, explosiv die Turba-Chöre:: „Dieser Mensch hört nicht auf zu reden Lästerworte” und „Steiniget ihn! Er lästert Gott!” Die Vehemenz der aufgebrachten Volksseele bringt Egerer mit seinem Philharmonischen Chor plus genau auf den Punkt. Grandios ihr „Ist das nicht, der zu Jerusalem verstörte alle?”

Schön die Tiefenstaffelung und die kraftvolle, harmonische Ensembleklang. Weitgehend metrisch präzise auch in den fugierten Abschnitten, auch wenn hier und da beim Zuhörer der Eindruck zurückbleibt, dass man die Schärfung der rhythmischen Prägnanz sogar noch ein Quäntchen höher hättte treiben können. An manchen Stellen zahlt Egerer seinen motorischen Elan mit einem Verzicht auf nuancenreichere Dynamik und Differenzierung.

Dennoch vollbringt er mit der Sänger- und Orchesterschar eine beachtliche Leistung. Durch die Bank solide auch die Solisten, wobei Alexander Yudenko (Tenor) mit einigem Abstand hervorstach. Sigrig Plundrich (Sopran) überzeugte, ohne übertrieben viel Glanz zu verbreiten.

Mehr als die Summe ihrer Teile sind die wunderbaren Duette von Yudenko und Magnus Piontek (Bass), der im Verlauf des Abends immer besser in die Titelpartie fand. Lediglich Filippa Möres-Busch (Alt) musste man als völlig unterbeschäftigt bedauern. Dabei hätte man auch von ihr gerne mehr gehört.

Viel Applaus und drei Verbeugungen gibt es am Ende des gelungenen Finales – ein schöneres Geburtstagsgeschenk hätte sich der PCL zum Jubiläum nicht machen können.

Mendelssohn: Paulus

Copyright © 2025 U. Mindrup - All rights reserved

Developed & Designed by Alaa Haddad